Verleihe deiner Wut Ausdruck
Verleihe deiner Wut in dir Ausdruck
Es ist oftmals schwierig, seiner Wut Ausdruck zu verleihen. Erstmal ist es gut, sie überhaupt in sich wahrzunehmen. Hinter der Wut kann sich auch immer mal wieder Traurigkeit oder auch Angst verbergen. Sie mischt/en sich ein, um die Wutkraft nicht aufkommen zu lassen, sodass du sie damit nicht vollständig wahrnehmen und zeigen kannst.
Die Wut, die zu einem Zeitpunkt in unserem Leben mal nicht erwünscht war. Diese Wut auszuagieren, sie zu zeigen, sich auszuprobieren, so sein, wer wir sind, war nicht erlaubt oder hätte ‚bedrohliche‘ Folgen gehabt. Vielleicht hast du schon früh Verantwortung tragen müssen, auch für die Gefühle anderer Menschen. Du hast möglicherweise gelernt, dass du dich nicht wehren darfst, weil es Mama oder Papa dann schlecht damit geht. Später im Leben kannst du deine Grenzen nicht wahren oder fühlst dich permanent in einem unsicheren Raum.
Deine Urwunde ist, dass du nicht deiner Selbst wegen geliebt wurdest. Du fängst an, dich zu verbiegen, passt dich an, bekommst Verlassensängste – also verlässt du dich und deinen Körper lieber selbst, bevor es andere vor dir tun. Du sprichst deine Wahrheit nicht aus, wirst abgelehnt, weil DU dich verlassen hast. Im Anschluss daran wirst du vielleicht sogar verlassen.
Weil wir Wut als gute Kraft so nicht (er)kennen oder l(i)eben gelernt haben, verstecken wir sie später häufig in Aggressionen.
Aggressionen – als unterdrückte Wut
Es ist wichtig, unsere Kraft zu l(i)eben und sie nicht einfach nur sinnlos in die Welt zu sprühen, wie ein Drache sein Feuer. Das sind nur Drohgebärden.
Wut ist eine Kraft. Wenn sie frei ließen kann, dann heilt sie unsere Angst. Sie heilt Erschöpfung und schafft Klarheit in uns. Sie lässt uns positionieren, um uns wehren zu können. Wenn wir klar sind, werden wir auch akzeptiert, dann können wir entscheiden bzw. unterscheiden, was gut für uns ist.
Ich spreche meine Wahrheit aus, konfrontiere mich ‚für mich‘ und nicht ‚gegen andere‘. Ich komme wieder zu mir – in meine Mitte.
Um dahin zu kommen, ist es gut, die Wut in uns zunächst einmal zu spüren. Fühle deine Wut, ohne etwas verändern zu wollen, ohne dich oder andere zu verurteilen, ohne die Wut gegen dich selbst zu richten. Sei mit deiner Wut da und habe vor allem Mitgefühl mit dir.
Frage dich zum Beispiel: Wo spüre ich die Wut in meinem Körper – ist sie im Bauch, im Kopf oder sogar überall? Hat sie eine bestimmte Form – zeigt sich ein Kloß oder Stein? oder eine Farbe – ist sie vielleicht rot oder schwarz oder ganz anders? Geht die Wut mit einem Geruch einher – riecht es nach Feuer oder sogar verbrannter Erde? Hat die Wut eine bestimmte Temperatur – z. B. ist sie kalt, warm oder heiß oder gar nichts von alledem? Wie fühlt sie sich an – verspürst du vielleicht einen Druck oder fühlt sie sich starr oder fest an? Geht die Wut noch mit einem anderen Gefühl einher – z. B. Angst, die Wut könnte zerstörerisch sein oder legt sich Traurigkeit darüber, dass es so ist?
Mein Sohn beschrieb seine Wut mal so: Mama, es ist so, als ob die Welt explodiert…
Wenn du in die Wut kommst, sie dich vielleicht sogar in ein inneres Chaos & und totale Verwirrung bringt, sich ein Wut-Trauer-Gemisch zeigt, dann geht es darum, dies erst einmal zu fühlen. Nichts anderes zu tun außer fühlen, fühlen, fühlen. Oft verdeckt auch die Scham unsere Wut. Daher erst einmal Kontakt mit dieser unbekannten Kraft aufzunehmen, alle Gefühle da sein zu lassen, und anzuerkennen, das Wut da ist. Prima! Was für eine heilsame Kraft in ihr steckt! Komme mehr ins fühlen und komme weniger in die Aktion gegen dich und andere, das ist ein heilsamer Weg, um mit alten Mustern aufzuräumen.
Unser Ego versucht nämlich Trennung zu schaffen, möchte weg vom Fühlen und hin zur Trennung, indem es eine Lösung sucht. Der Drache spuckt das Feuer unreflektiert und ohne Ziel, um seine Stärke zu demonstrieren. Aber wem nützt das? Versuche dem ‚wollen‘ zu Wiederstehen, gleich etwas zu tun. Nimm dir Zeit vor einer (Re)Aktion. Fühle zuerst dein inneres Chaos und deine ganze Verzweiflung. Sei damit da und lasse der Wut Raum in dir. nehme sie an, sosehr es dir auch schwerfallen mag und lasse sie sich Stück für Stück ausbreiten in dir – vom Zentrum in die Arme & Beine fließen. Reinige dich vielleicht durch eine entsprechende Atmung (z. B. Einatmen durch die Nase und durch den Mund ausatmen). Sage vor allem voller Mitgefühl JA zu dir!
Später, wenn du dich schon besser kennst und dich mit deiner Wutkraft etwas angefreunden konntest, kannst du die vorhandene Energie auch in dir bündeln und zu dir fließen lassen und nicht mehr einfach nur ins Außen abgeben, wo sie eher zerstörerisch wirkt. Hierzu kann dich folgende Übung unterstützen:
4. Im Anschluss tanzt du 5 Minuten und feierst deine frei gewordene Energie – du lässt sie in dir fließen. Vielleicht erlebst du dabei auch Selbstliebe & Fülle in dir?!
Der Weg liegt am Ende darin zu schauen, wo genau DEIN Anteil in dieser Wut liegt. Was trägst du selbst dazu bei? Auch unser Herz hat authentische Antworten für uns, frage es mal. Vielleicht sagt es dir Sätze wie: ’Ich bin nicht gut genug’, ‚Ich bin falsch’ oder ‚Ich kann das nicht‘ und spüre dem nach.
Wenn dir der Inhalt beim Lesen dieses Blogs und der Übung innerlich schon ‚zu viel‘ wird, dann empfehle ich dir, diese Übung nicht allein durchzuführen, sondern dich vielleicht professionell begleiten zu lassen. Manchmal werden tiefere, auch traumatische Themen (vgl. Traumaarbeit) berührt, die gut geschützt und begleitet fachliche Unterstützung benötigen.
Mit kraftvollem Gruß
Marion Welz
Ein Beispiel aus der Praxis:
Ich spreche mit einer Freundin über Schule und sie nimmt plötzlich ‚Empörung‘ bei mir wahr. Ich bekomme bei dem Wort sofort ein Bild vor Augen und zwar, wie mich mein Religionslehrer mit etwa 8-9 Jahren an meinem Ohr hochgezogen hat, weil ich mich nicht so verhalten habe, wie er es sich wünschte. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern und ich bemerke einen Druck in meinem Bauch. Inzwischen kann ich diesen Druck meinem Gefühl der Wut zuordnen. Sie nimmt zu und ich würde am liebsten mal mit der Faust auf den Tisch hauen: so geht das aber nicht!
Ich gebe dem Impuls Raum und schlage mit der Faust auf den Tisch. Na ja, ok, jetzt bin ich in Aktion getreten, kann aber nicht sagen, dass mich das jetzt wirklich weitergebracht hat. Die Wut als Druck im Bauch verspüre ich weiterhin und die Empörung ist immer noch da. Ich verlangsame jetzt genau diese Bewegung (mit der Faust auf den Tisch zu hauen) und begleite sie mit meiner ganzen Aufmerksamkeit. Ich verfolge jeden Schritt mit ganzer Präsenz: Ich balle langsam die Faust, die Faust bewegt sich im Zeitlupentempo in Richtung Tisch. Plötzlich stocke ich auf halbem Wege, es ist wie ein aufgeben. Ich verliere an Kraft. Ich nehme eine Angst, die in mir aufsteigt wahr: was passiert, wenn ich dem jetzt Raum gebe? Ich überlege, was bräuchte es jetzt, um meiner Empörung Ausdruck zu verleihen und mich zu trauen, meinen Unterarm weiter Richtung Tischplatte zu bewegen? Ich spüre wieder meine Wut-Kraft und handele jetzt aus dieser – meiner inneren Kraft heraus. Es kommt ein Wille auf, ich will meine Faust langsam weiterbewegen und mit diesem Willen gebe ich mir gleichzeitig die Erlaubnis, es zu tun. Nun geht es ganz einfach. Ich folge meiner innerer Kraft, die aus dieser Wut-Kraft entspringt und lasse sie in Richtung Arm aufsteigen. Mit dem festen Willen es zu tun bewegt diese Kraft meinen Unterarm und die Faust nähert sich Schritt für Schritt der Tischplatte und kommt schlussendlich auf dieser an.
Ruhe kehrt ein. Ich beobachte und es kommt ein Gefühl von Stolz in mir hoch. Nicht besonders ausgeprägt, aber ich kann es leise spüren. Ich richte meinen Oberkörper etwas mehr auf, mein Brustkorb geht nach vorne und mein Kopf hebt sich leicht. Ich fühle mich größer. Ich nehme dieses stolze Gefühl ganz in mich auf und kann auch etwas Freude verspüren, die langsam aufsteigt. Ich genieße und freue mich, dass ich wieder einen Schritt weiter gehen konnte im Umgang mit meiner Wut…
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[…] aber im Verlauf der Zeit lauter. Oder sie verändern sich. So wird z. B. aus einer unterdrückten Wut, die vielleicht als Kind nicht gewünscht und auch im erwachsenenalter nicht gesellschaftsfähig […]
[…] im Verlauf der Zeit schlimmer. Oder sie verändern sich. So wird z. B. aus einer unterdrückten Wut, die vielleicht als Kind nicht gewünscht und auch im erwachsenenalter nicht gesellschaftsfähig […]
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