Corona: Krise als Chance
Corona: Krise als Chance – eine schamanische Sichtweise (Ein Gastbeitrag von Susanne Agnes Fauser)
Ein kleiner, unsichtbarer Virus und die ganze Welt scheint stillzustehen.
Jeder Einzelne von uns wird mit all den Ängsten und Schattenthemen konfrontiert, die wir bislang oft genug, mehr oder weniger erfolgreich, verdrängt haben in der Hektik, den Ablenkungen, dem Stress.
Und jedem wird, manchmal schmerzlich, bewusst, dass man nicht alles so im Griff hat, wie man sich das vorgestellt hatte.
Bei den Einen sind es massive Existenzängste, die den Schlaf rauben, andere haben Angst vor dem Tod, wieder andere lehnen sich auf gegen die Restriktionen und fühlen sich in ihre Kindheit oder Pubertät zurückversetzt, als die Eltern einem alles verboten haben, was Spaß machte.
Es gibt Menschen, die werden depressiv, andere aggressiv, wieder andere passen sich nahtlos an. Freundschaften und ganze Familien brechen auseinander, weil mit einem Male Sichtweisen kollidieren, die einander diametral widersprechen und nicht einmal mehr den kleinsten gemeinsamen Nenner finden.
Beziehungen sind oft auf eine harte Probe gestellt, es stellt sich Überforderung ein und nichts ist mehr so, wie man es gewohnt war. Plötzlich ist nichts mehr planbar, nichts mehr einschätzbar, nichts mehr vorausberechenbar. Das macht Angst. Vor allem denjenigen, die es gewohnt waren, ihr Leben zu planen, rundum zu versichern und die sich in der – vermeintlichen – Sicherheit – eingerichtet hatten. Das Schicksal, das Leben! wurde so gut es ging, ausgeklammert und eingeebnet.
Das alles bricht nun an vielen Stellen auf und die Schatten, die ja jeder in sich trägt, treten zutage. Das fühlt sich zuerst einmal schrecklich an, bietet jedoch die großartige Möglichkeit seine eigenen Schatten zu erkennen und damit zu arbeiten. Sich die eigenen Schattenseiten, die man so lange ins Dunkel verdrängt hat, anzuschauen, sie anzuerkennen und zu integrieren, was immer zu einer viel größeren Freiheit und innerem Frieden führt, da man die eigenen verdrängten Schattenseiten nicht mehr auf andere projizieren muss. Schmerz, Hass, Wut, Hilflosigkeit verlieren ihre Macht über einen.
Die japanische Übersetzung des Wortes „Krise“, bedeutet „Chance zur Veränderung“.
Wenn wir herausfinden wollen, ob und was verändert werden soll, um die Not zu wenden, sollten wir auf das, was ist, mit anderen Augen schauen, als wir es gewohnt sind.
Es gibt im Schamanismus vier verschiedene Ebenen von denen aus wir alles betrachten können:
Die erste ist die Ebene des Körperlich – Materiellen: hier erkennt man stets nur das Naheliegende. Es geht um nichts außer dem blanken Überleben. Den Instinkt. Flucht oder Kampf.
Von dieser Stufe aus gesehen, ist die Corona-Krise nichts weiter als eine einzige Bedrohung. Des Lebens, der Existenz, dessen was wir gewohnt sind, dessen was wir kennen.
Verhaften wir in dieser Ebene, werden wir zu keiner Lösung kommen.
Dies ist der Archetypus der Schlange.
Die zweite Ebene ist die Geistig-Emotionale. Hier wird schon auch einmal hinterfragt: was genau passiert eigentlich? Hat das alles auch etwas mit mir zu tun? Wie geht es mir?
Es ist der Archetypus des Jaguar und wie alle Katzen ist er neugierig, will mehr erfahren und kann in der Nacht, der Dunkelheit sehen und manches finden.
Jedoch hilft auch diese Ebene in der Krise nicht weiter.
Danach folgen die beiden Ebenen der Seele, des Kolibri und die des Ganzheitlichen – Göttlichen. Die Ebene der Spirits. Diese wird vom Archetypus des Kondor beherrscht.
Von hier aus können wir alles von oben betrachten wie ein Vogel. Zusammenhänge erkennen, wir sehen ein allumfassenderes Bild.
Wenn wir das tun, dann stellen wir fest, dass es drei Themen sind, die durch diesen Virus sehr klar in unser Leben getreten sind.
- Tod + Sterben
- Isolation + Rückzug
- Die Lunge
Sterben + Tod sind beides Themen, die in unserer modernen Gesellschaft so weit wie möglich verdrängt wurden. Gestorben wird in Krankenhäusern oder im Hospiz. Man schiebt das Sterben ans Ende des Lebens und will nichts damit zu tun haben.
Doch wenn man es einmal anders betrachtet, so ist das Sterben das große LOSLASSEN.
Doch auch im Leben müssen wir immer wieder etwas loslassen, das ist unser Weg der Entwicklung. Nehmen wir unsere Kinder. Sie werden geboren, sie lernen laufen und sprechen, sie gehen in den Kindergarten, in die Schule, werden erwachsen und es ist immer wieder noch ein weiteres Loslassen gefragt. Damit sie und auch wir uns weiterentwickeln und uns auf immer neue Erlebnisse, Freuden und auch Herausforderungen einlassen und an ihnen wachsen können.
Beziehungen scheitern, Freundschaften enden, wir ziehen um, lernen neue Dinge…dafür ist immer wieder ein Loslassen von uns gefordert.
Das muss geschehen, um Platz für etwas Neues zu schaffen. Für neue Erfahrungen, neue Menschen, neue Emotionen. Neue Sichtweisen.
Anders können wir uns seelisch und geistig nicht weiter entwickeln.
Und auch die Welt im Gesamten will sich weiter entwickeln. Das ist das Leben! Entwicklung!
Wenn wir das Heute betrachten, so hat sich im Außen in sehr kurzer Zeit sehr vieles verändert und weiterentwickelt, vor allem in technischer Hinsicht. Smartphones, Laptops, social media, um nur ein paar davon zu nennen und die aus unserem Leben schon nicht mehr wegzudenken sind.
In uns selbst, in unseren Seelen jedoch ist die Entwicklung nicht so rasant voran geschritten.
Wenn wir uns anschauen, was der Gesellschaft und uns selbst angemessen wäre, finden wir vieles, das überholt ist, was nicht mehr trägt.
Die Art so zu leben, dass jeder sich selbst der Nächste ist, Geld versus Geist, dass man es sich auf Kosten der anderen gut gehen lässt. Auch auf Kosten der Natur: die meisten Menschen haben vergessen, dass sie ein Teil von ihr sind und nicht etwa ihre Herrscher und ihre Ausbeuter.
Die Verschmutzung der Erde und der Meere stehen in Zusammenhang mit der Verschmutzung unseres Unterbewusstseins und unseres Geistes.
Unser Inneres, unsere Gedanken zeigen sich in der Welt als Manifestation. Es scheint die Zeit zu sein, in der wir bei uns selbst damit beginnen sollten, unsere schädlichen Gedanken umzuwandeln.
Das ist eine Aufgabe, die Zeit und Konzentration erfordert.
Man kann der Frage nachgehen, wie sehr man an alten Glaubenssätzen, altem Schmerz, altem Groll, alten Sichtweisen und Verhaltensmustern generell festhält, obgleich sie keinen erkennbaren Nutzen mehr in sich bergen. Aus reiner Gewohnheit, aus reinem Sich-darüber-nicht-bewusst-sein.
Viele agieren noch immer wie Kinder und geben die Verantwortung für ihr Leben, ihre Gesundheit, ihr Glück an andere ab.
Wir denken noch immer in vertikalen, sprich hierarchischen Strukturen, in denen andere uns sagen, was wir zu tun und wie wir uns zu verhalten haben.
Wir haben vergessen, dass jeder von uns ein Puzzleteil des Ganzen ist und jeder Einzelne von uns über Schöpferkraft verfügt. Jeder unserer Gedanken erzeugt Emotionen und damit das Leben auf diesem Planeten.
Man kann hier in einem Ritual die Archetypen des Todes einladen und sie darum bitten, zu helfen. Um das Loslassen all dessen bitten, was uns noch immer in Unglück und Angst hält, denn nur auf diese Weise kann Neues erblühen, neues wachsen, neues entstehen.
Das Herantasten an alte Glaubenssätze und Programmierungen, die irgendwann einmal zu unserem Schutz gedient haben, uns mittlerweile jedoch längst von unserem Potential, unserem Leben abhalten, kann man in dieser Zeit nutzen, um für sich selbst innerlich freier zu werden.
Neue Visionen zu entwickeln, alte Träume wieder zu erinnern und zu aktivieren.
Um an diese tief vergrabenen Schätze und Hindernisse zu gelangen, gibt es viele Methoden: Schamanische Reisen, Intuitives Schreiben – oder Malen. Die Arbeit mit inneren Welten und inneren Teilpersönlichkeiten. Das Arbeiten mit inneren Bildern, um sie zu wandeln, Wahrnehmungstrainings, Körperarbeit…
Den Rückzug und die Isolation haben die meisten modernen Menschen vermieden.
In alten Zeiten war der der Winter die Zeit der Ruhe, der Erholung, der Kontemplation, der Rückschau. Man ließ das alte Jahr los, träumte und webte sich hinein in das kommende Frühjahr. So wie die Natur ging auch der Mensch in die Stille.
Heute macht das kaum noch irgendjemand. Hektik, Stress, Termine und Verpflichtungen haben einen rund ums Jahr fest im Griff. Wenn der Körper nach Ruhe verlangt, bekommt er stattdessen noch mehr Kaffee oder Medikamente, er muss und soll funktionieren wie eine Maschine.
Doch nun werden wir von außen dazu gezwungen, innezuhalten. Zur Ruhe zu kommen. Nicht mehr dauernd unterwegs zu sein.
Da wir im Außen nicht mehr reisen können, haben wir nun die wunderbare Möglichkeit nach INNEN zu reisen, zu uns selbst, um herauszufinden, was UNS wirklich wichtig ist. Gesundheit zum Beispiel. Das Miteinander, denn wir sind soziale Wesen – zumindest die meisten von uns.
Alles ist mit allem verbunden, lautet einer der schamanischen Grundsätze.
Wenn also alles, was gerade geschieht auch mit jedem Einzelnen von uns zu tun hat, so erkennen wir, dass wir nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern ganz im Gegenteil, die Verantwortung dafür tragen, dass die Welt ein besserer Ort für uns alle wird.
In indigenen Kulturen steht die Frage, wenn es darum geht wichtige Entscheidungen zu treffen, ob sie auch den 7 nachfolgenden Generationen dienlich sind, an allererster Stelle.
Das haben wir in diesen modernen Zeiten vergessen. Unsere Kurzsichtigkeit in diesen Dingen zeigt uns auch den Egoismus und die (Selbt-)Zerstörungswut auf, die wir in uns tragen. Ebenfalls Schattenthemen, die nun fordern, angeschaut und gewandelt zu werden.
In der – erzwungenen – Ruhe können wir nun unseren Weg der Entwicklung gehen und in unsere eigenen Tiefen hinabsteigen.
Fragen stellen, die man sich so vielleicht noch gar nie gestellt hat:
Wenn ich das Alte gehen lasse, meine eigene (Leidens-)Geschichte, das was man mir erzählt hat, wer und was ich bin, was ich kann und was angeblich nicht, was ich darf und was angeblich nicht – WER bin ich denn DANN? Und welches Leben ist denn dann für mich möglich?
Wenn es das alles nicht mehr gibt, woran ich immer festhielt, was wird dann möglich sein?
Welche Archetypen, welche Urkräfte, welche Sehnsüchte, welche wunderbaren Wesen berge ich in mir, ohne dass ich es mir je eingestanden habe? Was habe ich mein Leben lang unterdrückt, mir nicht eingestanden, nicht wahrhaben wollen? Aus Angst oder weil ich einfach nie nachgeschaut habe?
Das ist der Weg. So kann Neues entstehen. Zuerst im Denken, dann im Fühlen und somit auch ganz konkret im eigenen Leben.
Dann kann man sich tatsächlich auch entscheiden. Für das Glücksverheißende. Das Wunderbare. Das Lebendige. Das Ersehnte.
Das dritte Thema, welches die Corona – Krise mit sich bringt ist die Lunge.
Betrachtet man dieses Organ aus ganzheitlicher Sicht, so fällt auf, dass sie ganz konkret für Austausch, Kommunikation und Beziehungen steht. Die Lungen der Erde werden verbrannt, nun grassiert ein Virus, der die Lungen der Menschen befällt.
Indem wir atmen, stehen wir im Austausch mit allem, was um uns ist.
Es ist ein Geben und Nehmen.
Wenn wir schauen, wie wir gelebt haben, so stellen wir fest, dass wir lange Zeit nur genommen, aber nichts zurückgegeben haben. Der Natur nicht, den Pflanzen nicht, den Tieren nicht und oft genug auch unseren Mitmenschen nicht. Wir haben verlernt zu kommunizieren, zuzuhören. Wahrzunehmen. Auf allen Ebenen.
Jetzt können wir nach und nach vielleicht erkennen, dass es nicht nur um uns selbst geht, sondern auch um das ICH im Bezug zur Welt und wie wir diesen Bezug wiederherstellen.
In der Runenkunde gibt eine Rune namens „Gebo“. Sie besagt, dass jede Gabe eine Gegengabe erfordert, damit alles im Gleichgewicht bleibt.
Unsere Vorfahren wussten das noch, der moderne Mensch hat es vergessen oder verdrängt.
Jetzt ist die Zeit, in der wir wieder daran erinnert werden.
Unser Gehirn kann nicht zwischen Absicht und Handlung unterscheiden.
Wenn wir die Absicht haben ein Teil des Abenteuers LEBEN zu sein, dann wird es auch so kommen.
Die Krise, welche wir als Stagnation empfinden, bedeutet also auch eine große Chance zu innerem Wachstum und Reife.
Zeiten, in denen im Außen, im Bewusstsein scheinbar nichts geschieht, bergen das Wunder, dass im Unterbewusstsein, im Denken sich Heilung vollziehen kann.
Wenn Schlangen sich häuten, ziehen sie sich zurück. Die alte Haut, die zu eng geworden ist, muss abgestreift werden, anders kann die Schlange nicht überleben.
Herzlichen Dank für deinen tiefgreifenden Beitrag und dass ich diesen veröffentlichen darf Susanne!
Susanne Agnes Fauser
Heilpraktikerin für Psychotherapie
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